Reisebericht 2008

Zum zehnten mal „hin und zurück“ St. Petersburg –
eine Reise mit vielen Überraschungen und Eindrücken

Rückblick auf unsere Reise vom 7.– 20. November 2008 zu den Straßenkindern
im Heim „Bereg – Das Ufer“ in St. Petersburg von Pfr. Michael Schaefer – Caritas-Krankenhaus Lebach

 

Marc Naumann und ich haben uns auch in diesem Jahr wieder auf den Weg nach St. Petersburg gemacht. Weil wir aus verschiedenen Gründen den ursprünglichen Reisetermin verschieben mussten, haben wir uns entschlossen, die jährliche Sitzung von „Perspektiven“ in Berlin und unser wichtigstes Ziel St. Petersburg miteinander zu verbinden.
Bei der Sitzung gab es einen intensiven Austausch über den aktuellen Stand in den fünf Projekten des Vereins in St. Petersburg und über unsere Arbeit. Dazu ging es auch um die Finanzierung der Projekte und die Finanzen des Vereins selbst, da diese ja letztlich die Grundlage unserer gesamten Arbeit in St. Petersburg sind. Erfreulicherweise ist es uns weiter möglich, trotz gestiegener Kosten die Arbeit in unseren Petersburger Einrichtungen wie bisher weiterzuführen.
Am Sonntag sind Marc und ich dann von Berlin aus in Richtung St. Petersburg gestartet. Wie immer wurden wir auf dem Flughafen St. Petersburg von Marina und Natascha freudig empfangen. In guter Tradition war auch Julia, eine unserer früheren Zöglinge, wieder unsere Dolmetscherin. In Bereg war die Freude natürlich groß und der Empfang herzlich, wenn es auch auf der Seite unserer Kinder ein wenig „Anlaufschwierigkeiten“ gab, da außer einem alle neu waren. Doch wir waren erstaunt, wie schnell sie „aufgetaut“ waren und uns akzeptierten.
Am Dienstag und Mittwoch ging es gleich an die Arbeit, da zunächst der Haushaltsplan für 2009 erstellt werden musste, was trotz unserer extra engagierten professionellen Dolmetscherin Anna, fast einen ganzen Tag in Anspruch nahm. Nach vielem Überlegen und Rechnen waren wir für das Jahr 2009 bei einem Gesamt-Budget von 86.040,-- €. Davon muss „Bereg“ einen Eigenanteil von 25% - also 21.510,-- € - als Sachspenden aufbringen und für die Spender bleiben somit 64.530,-- €, die wir im nächsten Jahr für das Heim „auf die Beine stellen“ müssen. Das ist eine gewaltige Aufgabe, von der ich aber hoffe und glaube, sie mit der Hilfe vieler hilfsbereiter Menschen doch wieder zu schaffen.
Ebenso saßen wir viele Stunden mit Marina und Anna zusammen, um über die Strukturen von „Bereg“ und notwendige Veränderungen zu diskutieren. Dabei war allen Beteiligten klar, dass wir dringend eine neue – und größere – Wohnung brauchen, wofür die Weichen auch gestellt sind. Allerdings erweist sich das als äußerst schwierig, da dies vor allem eine finanzielle Frage ist, die uns einfach Grenzen setzt. Zudem muss dringend in St. Petersburg ein Träger-Verein für das Heim gegründet werden, was sich als sehr aufwendig erweist. Dies wird bei der russischen Bürokratie und der immer noch eher negativen Einstellung zu den nicht-staatlichen Organisationen ohne einen Rechtsanwalt, der mit entsprechenden Kosten verbunden ist, leider nicht zu verwirklichen sein. Wenn der Verein in Russland gegründet ist, können wir dort auch endlich ein Konto bei einer Bank eröffnen, um so Barspenden im Land zu bekommen und um von hier aus die Gelder direkt an den lokalen Verein überweisen zu können. Ein lokaler Verein mit Konto steigert zudem die Akzeptanz und die Bereitschaft zur Hilfe in Russland, was auf Dauer unerlässlich ist.
Bei der diesjährigen Reise haben wir einige nicht-staatliche Einrichtungen und Organisationen besucht und waren angenehm überrascht zu sehen und zu erfahren, dass einige ähnlich wie „Bereg“ arbeiten und recht gut miteinander vernetzt sind. Dabei tat es gut zu erleben, wie einige ehemalige Mitarbeiter von uns in diesen Krisenzentren und Heimen die Arbeitsweise umsetzen, die immer die Richtschnur für „Bereg“ war und es auch bleiben wird. Beeindruckend war für uns ebenso der Besuch in der jüdischen Einrichtung „Yessod“, einem riesigen Hilfswerk für jüdische Bürger in St. Petersburg. Der Besuch in einer städtischen Einrichtung für gefährdete Kinder und Jugendliche sowie für sozial schwache Familien durfte natürlich nicht fehlen. Eine neu gegründete Einrichtung von denen es zehn in der Stadt gibt und von denen jede für etwa eine halbe Million Menschen zuständig ist. Alles perfekt eingerichtet und ausgestattet – ein wunderschönes Vorzeige-Projekt mit etwa dreißig Mitarbeitern – doch leider haben wir nur ein Kind gesehen. Das Ganze ist sicher gut gemeint – aber es bleibt nur zu hoffen, dass es nicht dabei bleibt, sondern sich wirklich mit „Leben“ füllt.
Sehr erfreulich ist die Tatsache, dass unser früherer Erzieher Kyril während unseres Aufenthaltes in St. Petersburg von den städtischen Behörden zum Direktor der Abteilung gewählt wurde, die in der Stadt das in Gang bzw. umsetzen soll, was bei uns etwa unter den Begriff der Familien- und Jugend-Fürsorge fällt. Uns hat es zudem ungeheuer gefreut, dass einige unserer ehemaligen Jugendlichen eine entsprechende Ausbildung gemacht haben und heute bei uns im Heim oder in anderen sozialen Einrichtungen arbeiten. Bei all diesen positiven Erfahrungen kann ich nur sagen: „Der Samen von „Bereg“ ist aufgegangen und trägt viele sichtbare und gute Früchte“! Das macht Mut weiterzumachen, obschon der Einsatz hier bei uns manchmal schon viel von mir fordert.
Bei allem Planen, Arbeiten und Besichtigen haben wir es trotzdem geschafft, sehr viel Zeit mit den Kindern zu verbringen und manches mit ihnen „anzustellen“, was die „Familienbande“ so gestärkt hatte, dass beim Abschied sogar Tränen flossen. Ebenso hat es beiden Seiten wieder gut getan, dass wir auch viel mit den Mitarbeitern reden und zusammen sein konnten. Es zeigt sich immer wieder neu, dass die „Bereg-Familie“ ihren längst nicht immer einfachen Weg unbeirrt geht und zusammenhält – wenn auch die „Väter“ leider nur einmal im Jahr „zu Hause“ bei der Mutter Marina und den Kindern sind. Dafür sind sie aber mit ihren Gedanken immer bei der „Familie“ und rackern sich hier redlich ab, damit sie die Spenden zusammen bekommen. Dabei darf ich ständig die erfreuliche Erfahrung machen, dass hier ungeheuer viele Menschen mit mir und Marc – also letztlich mit unseren Kindern, Jugendlichen und Mitarbeitern in „Bereg“ gehen – und uns so auf unserem Weg begleiten.
Dafür möchte ich an dieser Stelle allen „Danke“ sagen mit dem, was Oleg, einer unser ehemaligen Jugendlichen und inzwischen Mitarbeiter im Heim mir sagte, als ich ihm für seine solide Arbeit in „Bereg“ danken wollte: „Du brauchst mir nicht zu danken, sondern ich will und muss Dir und Euch danke sagen, dass ich so viele Jahre hier sein konnte und gelernt habe, mein Leben in die Hand zu nehmen.“ So was macht dann schon sprachlos - und dennoch deutlich, wie sinnvoll diese Arbeit ist!

Michael Schaefer.

Straßenkinder – St. Petersburg
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